Gender Vertigo

"When something is about masculinity, 

 it isn´t always ‘about men’"

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Gender Vertigo

"When something is about masculinity, 

 it isn´t always ‘about men’"

 

Siegfried Kaltenecker
E.mail: Siegfried.Kaltenecker(AT)univie.ac.at

(Fr) : Quand il est question de masculinité, on ne parle pas forcément de la condition d’homme 

 

mahnte die amerikanische Literaturwissenschaftlerin Eve Kosofsky Sedgwick einmal.

Vielmehr, so Sedgwick, sind Frauen, aber auch Farbige, Homosexuelle oder sogenannte AusländerInnen in entscheidenden Maße an der machtvollen Re-Produktion weißer, heterosexueller Männlichkeiten beteiligt. Bei genauerer Betrachtung erscheint die besondere Aufmerksamkeit, zu der die Autorin so einflußreicher Studien wie "Epistemology of the Closet" oder "Between Men" (die TeilnehmerInnen an der New Yorker Konferenz "Constructing Masculinity") ermahnt, zumindest in zweierlei Hinsicht bedeutsam: hinsichtlich der radikalen Kontextualität/Interdisziplinarität jener sexualpolitischen/geschlechtsspezifischen Untersuchungsformen/Reflexionsweisen, die im deutschen Sprachraum - eher dank Suhrkamp-Verlag denn eingehender Reflexion - kurz Gender Studies genannt werden; und hinsichtlich der fundamentalen Neuorientierung einer wissenschaftlichen Männlichkeitskritik/kritischen Männlichkeitsforschung, die nur sehr wenig mit den hierzulande bekannten populärwissenschaftlichen "Männerbüchern" zu tun hat. Tatsächlich kann die kritische Männlichkeitsforschung in Großbritannien, in Australien, in Kanada und vor allem in den USA mittlerweile nicht nur auf eine umfassende Wissenschaftsgeschichte, sondern auch auf zahlreiche kulturpolitische Netzwerke zurückblicken.

Vor diesem Hintergrund verweist Eve Kosofsky Sedgwicks Mahnung sowohl auf die neuen Subjekte, als auch auf die neuen Objekte aktueller Männlichkeitsforschung. War diese ursprünglich vor allem durch die Befreiungsbewegungen der Frauen und der Homosexuellen bestimmt worden, so haben sich die Forschungssubjekte heute zumindest ebenso diversifiziert wie die methodischen Bewegungen, die inhaltlichen Konzentrationspunkte oder die wissenschafts-politische Intentionen. In den 90er Jahren wird Männlichkeitskritik von den unterschiedlichsten Subjekten innerhalb der unterschiedlichsten Arbeits- und Diskussionszusammenhänge betrieben: von Queer-Theoretikerinnen wie Eve Kosofsky Sedgwick, Teresa de Lauretis oder Judith Butler oder bell hooks; von afro- und asiaamerikanischen (African, Asian and South Americans) Feministinnen wie Trin T. Min-Ha, Ien Ang oder bell hooks; von heterosexuellen Frauen- und Genderforscherinnen wie Kaja Silverman, Lynne Segal, Nancy Chodorow oder Tania Modleski; von schwulen Kultur- und Sozialwissenschaftlern wie Richard Dyer, Thomas Waugh, oder Kobena Mercer; aber auch von weißen, heterosexuellen Männern wie R.W. Connell, Victor Seidler, Michael Kaufman oder Michael Kimmel.

Doch wodurch zeichnet sich diese Männlichkeitskritik denn nun aus? Was sind ihre zentralen Grundsätze und Brennpunkte? Und was verbindet all die unterschiedlichen Forschungsarbeiten miteinander?

"It is clear from such studies that definitions of masculinity are deeply enmeshed in the history of institutions and of economic structures." bc29

Vorläufiges und fragiles "Objekt" der neuen Männlichkeitskritik - ohne festes Paradigma, aber mit einigen zentralen verbindlichen Themen: die alltägliche "Konstruktion" von Männlichkeit, die gelebten Praxen geschlechtlicher Selbst- und Fremdidentifikation, die Wichtigkeit ökonomischer und institutioneller Strukturen, die Bedeutsamkeit der Unterschiede zwischen verschiedenen Männlichkeit und der widersprüchliche und dynamische Charakter von Geschlechtsidentitäten insgesamt.

prinzipielle "Offenheit" von Gender-Konstruktionen - Geschlechtsidentitäten eben nicht biologisch oder sonstwie präsozial/diskursiv determiniert, sondern erst in vielfältigen gesellschaftlichen Interaktionen hergestellt, überprüft und verändert. bc 35 (neue gender studies untersuchen "the making and remaking of conventions in social practice itself")

Sport als zentrale Arena dieser Gender tests wie Michael Messners Interview-Studie mit Profiathleten Power at Play and Alan Kleins teilnehmende Beobachtungs-forschung von Body-building-Praxen Little Big Men eindrucksvoll unter Beweis stellen bc 35 "production of masculinity throughout the sports world is marked by the hierarchical, competitive structure of the institution." bc 36

 

HEGEMONIE - hegemoniale Männlichkeit

auch innerhalb derselben soziokulturellen, institutionellen Settings werden unterschiedliche Männlichkeiten hergestellt - doch damit zugleich werden auch stets spezifische Beziehungen zwischen diesen unterschiedlichen Männlichkeiten festgelegt - "relations of alliance, dominance and subordination. These relationships are constructed through practices that exclude and include, that intimidate, exploit, and so on. There is a gender politics within masculinity." bc 37

(Hegemonie meint dabei nicht totale Kontrolle, sondern machtvolle Positionierung, die Männlichkeit zwar nicht vollkommene, aber dennoch systematische Überlegenheit zukommen läßt - Herrschaftssystem weißer, männlich-heterosexueller Hegemonie voller Lücken und Widersprüche - historisch gefestigte Institutionalisierung dieser Hegemonie zeichnet sich vor allem durch Fähigkeit aus, ihre historisch-spezifischen Erschütterungen und systemischen Krisen effektiv zu verwalten, zu bewältigen und produktiv zu verarbeiten - Art des dynamischen Fließ(un)gleichgewichts)

"Those who reject the hegemonic pattern have to fight or negotiate their way out." Widerstand gegen hegemoniale Standards muß legitimiert werden - Ersatzform, um weiterhin Anerkennung zu bekommen und sei es die "schräge" als Männlichkeitskritiker bc 37

* Hegemonie vielleicht am ehesten als Mischung zu begreifen, als Konglomerat unterschiedlichster, einander ergänzender, einander aber auch widersprechender Phantasien (Bsp. Antagonismus zwischen dominanter Männl-Fiktion des vernünftigen, aufgeklärten, geistesscharfen, analytischen, rationalen, technisch versierten etc. Kopf-Arbeiters und des körperlich virilen, aggressiven Handarbeiters und Kämpfers (voller Treue, Loyalität, Gerechtigkeitsgefühl etc.) - Forum der unterschiedlichsten Dar- und Vorstellungen, an bestimmten "Eckpunkten" fixiert - öffentliche Repräs.-Praxis, nicht individuelles "Sein" entscheidend - geht um "produktive" Verbindung/Komplizenschaft, nicht um individuelle Verkörperung (diese unmöglich - Der Patriarch ist eben kein lebendiger Mann, sondern ein Kaleidoskop aus Erfahrungen, Ängsten, Wünschen, Hoffnungen, Träumen, kurz: gelebter Realität und Phantasma - Illusion/Ideologie liegt also einmal mehr im Tun, nicht im reinen Glauben, schiefen Denken, falschen Bewußtsein (zynische Vernunft der aufgeklärten Männer - sie wissen es, tun es aber trotzdem - nicht Praxis, aber Legitimation des Patriarchats verändert bc 226 - "aufgeklärte Ideologen", wissende Ausbeuter, sensible Unterdrücker etc. - Wissen verändert Tun noch nicht

* "There is no Patriarch Headquarters, with flags and limousines, where all the strategies are worked out. It is common for different groups of men, each pursuing a project of hegemonic masculinity, to come into conflict with eacht other." bc 215 (vgl. Faschos und Antifas, Bullen und Demos etc.)

* ""Hegemonic masculinity" is not a fixed character type, always and everywhere the same. It is, rather, the masculinity that occupies the hegemonic position in a given pattern of gender relations, a position always contestable." bc 76 -- histor.-spezif. Def. - fortlaufende Kämpfe - immer wieder neue Lösungen

* "H.m. can be defined as the configuration of gender practice which embodies the currently accepted answer to the problem of the legitimacy of patriarchy, which guarantees (or is taken to guarantee) the dominant position of men and the subordination of women." bc77

* Gleichwohl hegemoniale Männl. Phantasma ist, ist es doch zugleich Realität - Männer erhalten "patriarchale Dividende" durch ihre Komplizenschaft - Ehre, Anerkennung, Prestige und Führungsrecht - zudem materiellen Gewinn höherer Löhne und Gewinne etc. bc 82

* erhöhte Gewalt (auch gegen Frauen) verweist auf Krisenerscheinungen/Krisentendenzen der trad. Geschlechterordnung - falsche Hoffnung auf "positive" Krise bzw. Krisenlösung in 70ern - stattdessen im Angesicht der Männl-krise: offener backlash und zynischer Patriarchalismus

* Pauline Hunts Studie eines englischen Dorfes, die Dialektik zwischen Arbeitsteilung und Geschlechterproduktion anschaulich macht - in diesem Dorf ist es üblich, daß Frauen die Innenseiten der Fenster waschen und die Männer die Außenseiten bc74

"social construction of masculinities is a systematic process" bc 38 - "masculinity must be understood as an aspect of large-scale social structures and processes"

* aktive Verhandlung von Männlichkeit - steter Konstruktionsprozeß in sich immer wieder verändernden Kontexten bc186

neue Soziologie der Männlichkeit untersucht die verschiedensten Männlichkeitsprojekte, die Verhältnisse/Bedingungen, denen sie entspringen und die Verhältnisse/Bedingungen, die sie produzieren

MÄNNLICHKEITSPOLITIK

Homophobie und Patriarchat als zwei historisch-spezifische Kampfbegriffe der Schwulen- und Frauenbewegungen (mit den Leitsprüchen: "Every Straight Man is a Target for Gay Liberation!" und "Pornographie ist die Theorie, Vergewaltigung ist die Parxis" bzw. "Every Man is a Potential Rapist") bc 41

* I will define as "masculinity politcs" those mobilizations and struggles where the meaning of masculine gender is at issue, and, with it, men´s position in gender relations. In such politics masculinity is made a prinicipal theme, not taken for granted as background." 205bc

* 4 Hauptformen einer Männlichkeitspolitik

1.) verschiedende einzel- und gruppentherapeut. Formen der 70er (zumeist durch Frauenbewegung angeregt, von ihrem Setting her jedoch oft konservativ und mit Tendenz zu effektivem backlash - wie in 80ern tatsächlich massenhaft verwirklicht - Vgl. Warren Farrell Why Men Are the Way They Are und The Myth of Male Power oder Herb Goldberg The Inner Male - Feminist. beschuldigt, Verantwortung zurückgewiesen, männl. Archetypen und "wahre" Gefühle mythopoetisch aufgesucht - "The larger consequence of the popular forms of masculinity therapy is an adaption of patriarchal structures through the modernization of masculinity." bc 211

2.) Gun lobby - offene non-verbale und körperliche Gewalt - reaktionäre Kämpfer

3.) Gay liberation - mit tendenziell versickernder revolutionärer Ausrichtung - zunehmender Etablierung und aktueller Spaltung zwischen AIDS bedingter Feuerwehr-Politik und zunehmend affirmativerer Konsum- und Repräsentationspolitik

4.) Polit. Engagement von hetero-Männern: radical wing of Men´s liberation in den 70ern - Männlichkeitsveränderung an gesellschaftl. Veränderung rückgebunden - Schaffung einer antisexistischen Kultur als primäres Ziel (vgl. Achilles Heel)/ National Organization for Men Against Sexism in the United States NOMAS gut in Unis und Therapiemilieu verankert, aber ohne breite Bewegung/ ähnlich wie MOVE Men Overcoming Violence- wenig aktives Engagment, Ausnahme: einzelkampagnen wie die White Ribbon campaign in Kanada gegen Gewalt gegen Frauen bc 221ff

Insgesamt geht es nicht darum to modernize or restore it but to dismantle it bc 222 - doch ist Geschlechterordnung überhaupt zu verändern, ohne imperialen Kapitalismus und rassistische Nationalstaatlichkeit zu beseitigen?

* Programm für soziale Gerechtigkeit 229ff - Strategien des degendering, recomposing und re-embodiment 232ff (gender multiculturalism ähnlich Queer Theory)

Zweifel an Veränderungspotentialen heterosexueller Männer - wenn auch nicht total in Abrede zu stellen, so doch durch alltägliche Realität nur allzu berechtigte Skepsis - "But taking a cool look around the political scenery of the industrial capitalist world, we must conclude that the project of transforming masculinity has almost no political weight at all - no leverage on public policy, no organizational resources, no popular base and no presence in mass culture (except as footnote to feminism and a ctitique of the excesses of masculinity therapy)." bc 241

* Paradox der Männl.politik in 80ern: einerseits reaktionäre backlashs, andererseits radikale Analysen und neue Praxen bc 242

"Gay theory and feminist theory share a perception of mainstream masculinity as being (in the advanced capitalist countries at least) fundamentally linked to power, organized for domination, and resistant to change because of power relations. In some formulations, masculinity is virtually equated withe the exercise of power in its most naked forms." bc 42

MÄNNERBEWEGUNG

* von progressiven, öffentlich aktiven Men´s Liberation Movements zu mythopoeten - auch strukturelles Problem: "The model of a liberation movement simply cannot apply to the group that holds the position of power; as Tolson put it, "in a certain sense, we were imperialists in a rebellion of slaves."" bc 235

* anders als sonstige radikale Interessenspolitik kann sich Männlichkeitspolitik gerade nicht auf mobilisiernde Solidarität rund um ein gemeinsames Befreiungs-Interesse stützen - project of social justice, radikale Geschlechterpolitik von Männern vielmehr gegen ihre (patriarchalen) Interessen gerichtet und spaltend, nicht einigend (wie aber ist Solidarität unter männl. Kritikern zu schaffen, gegen Konkurrenz?)

* keine reine Männerpolitik, sondern Politik der Allianzen in verschiedensten Lebens- und Arbeitszusammenhängen bc238

* fresh politics of masculinity in neuen Foren und neuen Formen (Ausbildung/Erziehung, AIDS, Antirassismus mit Frauen und gays, nicht in Hetero-Männergruppen) bc 243

MÄNNLICHKEITSREFLEXION

Männlichkeit keinesfalls fixes und einheitliches Objekt einer Wissenschaft - viel eher dynamisches Feld unterschiedlicher Erscheinungsformen, deren Besonderheiten interdisziplinär aufzuspüren und zu verbinden sind - dabei stets Weiblichkeit relational verbunden: "Masculinity as an object of knowledge is always masculinity-in-relation. (...) (M)asculinities are configurations of parcatice structured by gender relations. They are inherently historical; and their making and remaking is a political process affecting the balance of interests in society and the direction of social change." bc44

* Männlichkeit insofern als "unmögliches Objekt" als das es immer schon Teil größerer Strukturen ist - Kontextualität und Differenzierung entscheidend vgl. bc 67

* auch nicht nur diskursiver Effekt und Ergebnis symbolischer Positionierungen: "To grapple with the full range of issues about masculinity we need w of talking about relationships of other kinds too: about gendered places in production and consumption, places in institutions and in natural environments, places in social and military struggles. (...) 

No masculinity arises except in a system of gender relations. Rather than attempting to define masculinity as an object (a natural character type, a behavioural average, an norm), we need to focus on the processes and relationships through which men and women conduct gendered lives. "Masculinity", to the extent the term can be briefly defined at all, is simultaneously a place in gender relations, the practices through which men and women engange that place in gender, and the effects of these practices in bodily experience, personality and culture." bc71

* nnl. und Weibl. als gender projects bc 72

KÖRPER

* Glaube an echte und wahre, über natürlichen Körper ausgedrückte Männlichkeit als strategischer Teil der modernen Geschlechterideologie - Soziobiologismus hält an Körper als natürlicher, auf biologische Weise (sexuell) differenzentierten Maschine fest ("a natural machine which produces gender difference" bc45) - eine der krudesten "Erkenntnisse": Schwierigkeiten von Frauen beim Einparken hängt mit sexuell differenter Gehirnfunktion zusammen - tatsächlich keinerlei wissenschaftlich-meßbaren "Beweise" für fixe Diff. (diese nur Phantasien, akadem. Fiktionen und populärkulturelle Metaphern) jedoch zahlreiche kulturelle Gegenbsp., etwa die gesellschaftliche Dominanz homosexueller Praktiken, die soziokulturelle Fixierung der Kinderbetreuung durch die Väter oder die soziale Ächtung jeder form der männlichen Aggression bc47)

* aber auch diskursitheoretisch/semiotisch/post-strukturalistische Reflexionen über Körper als bloße Oberfläche, Hülle oder Material soziokultureller Konstruktionen, In- und Aufschriften zu kritisieren - Kunst-Metaphern sind auch nicht besser als die Technik-M. der SoziobiologInnen: Körper als Leinwand, als Landschaft, als Oberfläche etc. - effektive Entkörperlichung durch reine Symbol- und Diskurstheorien (auch die gerade im Zusammenhang mit Performativitäts-, Zeichen- und Kontingenztehorien gerne zitierten transvestitischen und transsexuellen Gender-Switcher agieren zumeist viel weniger symbolisch-diskursiv, denn aus einem leibhaftigen Bedürfnis heraus) "a wholly semiotic or cultural account of gender is no more tenable than a biological reductionist one." (Rosemary Pringle "Absolute sex?" bc 51) The surface on which cultural meanings are inscribed is not featureless, and it does not stay still. Bodies, in their own right as bodies, do matter." bc 51 (vgl. Butler - Körper von Gewicht/die Schwerkraft der Verhältnisse)

Tatsächlich unleugbare Materialität der Geschlechtererfahrung - Männlichkeit wird ganz wesentlich über und als spezif. Körpererfahrung hergestellt - etwa im Sport ("sport has come to be the leading definer of masculinity in mass culture. Sport provides a continuous display of men´s bodies in motion.", wobei deren institutionelle Organisation stets bestimmte soziale Beziehungen impliziert: Wettkampf und Hierarchie unter Männern, Ausschluß oder Unterdordnung von Frauen - vgl. Versuche von behinderten Männern, diesen Standards doch irgendwie zu genügen bc54), in den Medien, aber auch in der Medizin (inklusive der sog. Schönheitschirurgie)

* Körper zentral und unentfliehbar/unleugbar, aber nicht ein für allemal fixiert: "The bodily process, entering into the social process, becomes part of history (both personal and collective) and a possible object of politics." bc56 (Unterschiedlichkeit/Einzigartigkeit der (Männer-)Körper)

* Soziologie und Philosophie-Geschichte: bewegt sich zumeist immer noch der Descarteschen Trennung zwischen dem wissenden, vernünftigen Geist und dem mechanischen, unvernünftigen Körper - Diskurstheorien haben diese Trennung nicht überwunden: sie haben die Körper zwar zu Objekten symbolischer Praxen und Machtverhätlnisse gemacht aber nicht zu Teilhabern - dementsprechende Notwendigkeit, "to assert the activity, literally the agency, of bodies in social processes. (...) I want to argue for a stronger theoretical position, where bodies are seen as sharing in social agency, in generating and shaping courses of social conduct." bc 60

BODY-REFLEXIVE PRACTICE

"With bodies both objects and agents of practice, and the practice itself forming the structures withhin which bodies are appropriated and defined, we face a pattern beyond the formulae of current social theory. This pattern might be termed body-reflexive practice."bc61 (Dialektik zwischen innerer Körpererfahrung/Leib in Bewegung und "äußerer" Beobachtung und Reflexion der geschlechtlichen Performance/sozialen Bedeutung des Körpers bc 62f

* Body-reflexive practices sind dabei nicht rein innerlich, sondern beinhalten stets soziale Verhältnisse, Symbolismen und größere Institutionen

* "Through body-reflexive practices, bodies are addressed by social process and drawn into history, without ceasing to be bodies. They do not trun into symbols, signs or positions in discourse. Their materiality (...) is not erased, it continues to matter. (...) Body-reflexive practices form - and are formed by - structures which have historical weight and solidity." bc 64f

* "Gender politics is an embodied-social politics." bc 66

KÖRPER-ACTION

"Either the body drives and directs action (e.g., men are naturally more aggressive than women; rape results from uncontrollable lust or an innate urge to violence), or the body sets limits to action (e.g., men naturally do not take care of infants; homosexuality is unnatural and therefore confined to a perverse minority)." bc 45

MÄNNLICHKEITSREFLEXION - Allgemein

* neue Konjunktur von "Männerthemen"/ Männlichkeit als populäres Objekt in den 90ern - einmal mehr USA Vorreiter eines massenkulturellen Interesses, das diversen Medienkapitale auf den verschiedensten Ebenen verwalten und vorantreiben: in Zeitungskolumnen und Zeitschriftenartikeln über Hausmänner, neue Väter oder erotische Ikonen wie Brad Pitt; in der Ratgeberliteratur und zuweilen sogar bei Männern überaus populären Männerbüchern wie Iron John; in TV-Diskussionen und Radio-Features über männliche Erotik, männliche Ausstrahlung oder männliche Impotenz; in der Photo-, Plakat- und Video-Werbung, die Männern längst ganz spezielle Männer-Produkte feilbietet; in großen Hollywood-Epen wie Three Men and Baby M oder Kindergarden Cop und billigen Seifen-Opern wie Roxanne; in der Schönheitschirurgie und Kosmetikindustrie, die Körper der Männer neuartigen Normen unterwerfen; und last but not least in sozialwissenschaftlichen Forschungsarbeiten, die sich längst auch eine Öffentlichkeit außerhalb der Universitäten geschaffen haben.

* breites Spektrum von Männlichkeitsreflexionen, wesentlich vielfältiger und umfassender als im deutschsprachigen Raum - Spektrum der verschiedenen populärkulturellen, insbesondere medialen Bearbeitungen; Spektrum der mythopoetischen Männerbewegungen und Weekend Warrior Seminare; Spektrum der Jungschen PsychoanalytikerInnen und SoziobiologistInnen; Spektrum christlicher FundamentalistInnen und essentialistischer FeministInnen; Spektrum engagierter AIDS-Forschung und kritischer Gender Studies, die den diversen Rollback-Mythisierungs- und Re-Naturalisierungsbewegungen energisch entgegentreten.

* Kontinuum von massenkultureller und wissenschaftlich-akademischer Diskussion - keineswegs ein-, sondern wechselseitige Beeinflussung, großes Spannungsfeld zwischen wissenschaftlichen Diskursen und deren populärer Trivialisierung (politische Entscheidung, welche Erkenntnisse aufgegriffen und perpetuiert werden)

GESCHICHTSSCHREIBUNG

* Historiographie der Männlichkeiten doch immer wieder große, nur allzu lineare und homogene Erzählung, die Überlieferungs- und Repräsentationsproblematiken ausblendet -- stellt Geschichte dominanter Fiktionen und hegemonialer Phantasien dar, nicht die der real gelebten Männlichkeiten (mit einem Male alle Aufmerksamkeit für Widersprüche und soziokulturell institutionalisierten Machtverhältnisse verschwunden

KONZEPT für inhaltliche Schwerpunkte aktueller Männlichkeitsreflexionen:

* Prozeßhaftigkeit von Geschl- identitäten: m und f are gender projects bc 72

* Relationalität -- Polarisierung bzw. Hierarchisierung von Charakter und Verhalten (Geschlechtsrollen)

* Männlichkeit weder feste, in einem biologischen Kern zu verortende Substanz noch Produkt von festgeschriebenen "Rollen", die positivistisch zu sammeln wären

* Männlichkeit und Weibl. keine Essenzen, sondern Effekte aus gesellschaftlichen Positionierungen bzw. Praxen - kulturelle Interpretationen spezif. Verhaltens- und Repräsentationsmuster

* kultur- und histor. spezif. Fixierungen dieser Positionierungen und Praxen - Varianzen, Differenzen und Veränderbarkeiten

* Vielfalt männlicher Subjektpositionen (Männlichkeit eben immer zugleich klassen-, ethnien-, kultur-, nationen-, alters- etc. spezifische vice versa), sozialer Beziehungen (jeder Mann in eine Vielfalt von überdeterminierten Interaktionen eingebunden) und kultureller Praxen (die immer spezif. "patriarchale" Machtverhältn. implizieren, Hierarchisierungen, Projektionen (von Differenz) und kategorische Ausschlüsse (des geschlechtl., sexuellen oder ethnischen Anderen)

* Überdeterminiertheit, Instabilität, Krisenhaftigkeit männlicher Identitäten

GESELLSCHAFTLICHE KONTEXTE DER AKTUELLEN DISKUSSION

* neues Wirtschaftsboom versus systematische Verarmung und Verelendung vieler Männer

* kollektives Auftreten von Gays and Lesbians - Repräsentations- und Konsumstärke versus politische Verfolgung (bis hin zum gay bashing) und gesellschaftliche Ächtung von Homosexuellen (aktuelle Diskussionen um gays im Militär und um Homosexuellenheirat)

* extrem hohe Scheidungsrate und wachsende Zahl an Single-Haushalten

"GENDER VERTIGO" bc 224

R. W. Connell, Masculinities, Berkeley, Los Angeles (University of California Press) 1995. (bc)

* MAD MAX als früher Action-Road-Movie

* Lionel Tiger: Behauptung "wahrer Männlichkeit" - "idea that true maleness, underlying male bonding and war, is elicited by "hard and heavy phenomena"."bc 68 l.t. Men in Groups, New York Random House 1969, S. 211. - Krieg als Teil einer "masculine aesthetic" wie das Fahren eines Rennautos mit rasender Geschwindigkeit

 

Lebenslauf

 Persönliche Daten:

Name: Siegfried Kaltenecker
Geburtsdatum 24.6.1965
Geburtsort Wiener Neustadt/NÖ
Staatsbürgerschaft Österreich

Ausbildungsweg:

1971-1983 Volksschule und BRG in Wiener Neustadt

1983-1989 Diplomstudium der Theaterwissenschaft, Publizistik, Soziologie und Philosophie an der Uni Wien

1990-1991 Ausbildung zum Tutoriumstrainer (ÖH Wien)

1991-1994 Doktorratsstudium in Theater- bzw. Filmwissenschaft an den Universitäten Wien und Frankfurt/Main

1994-1995 Moderationsausbildung (TRAIN)

1996-1998 Supervisions-Ausbildung (IBO)

Berufliche Laufbahn (als Trainer und Seminarleiter):

1985-1991 Tätigkeit als Tutor, Altutor und Co-Trainer im Rahmen des Tutoriumsprojekts der ÖH

1991-1993 Trainings mit den Tutoriums-Projektgruppen SOWI, Jus, Theaterwissenschaft und Soziologie

Co-Training in einem Reflexionsseminar mit langzeitarbeitslosen AkademikerInnen (Dortmund) Aus- bzw. Weiterbildungsseminare in den Bereichen Selbsterfahrung, Gruppendynamik und Spielpädagogik

1994-1995 Ausbildungstrainer beim Tutoriums - TrainerInnenlehrgang

Tutoriumstrainings mit den Projektgruppen Pädagogik, Katholische Theologie, SOWI und Lehramt TU

Berufsorientierungs-Training in den AAI-Projekten Wr. Neustadt I und II (jeweils etwa 12 Wochen)

Training des ÖH-Seminars „Geschlechterverhältnisse"

Training des Soziologie-Sem. „Geschlechterdemokratie"

Moderationen und Vorträge in Wien und Salzburg

1995-1996 Tutoriumstrainings und Supervision mit der TU Wien

Seminarleitung zum Thema Postmoderne

BO-Training bei der Regionalstiftung Leoben (ca. 13 W.)

Lehraufträge an den Universitäten Salzburg und Wien

Vorträge in Berlin, Frankfurt und Wien

1996-1997 Tutoriumstrainings und Supervision mit den Projekten Technische Physik (Wien) und Sammelprojekt TU (Graz)

Moderation des Wiener Wohnwürfels

Vorträge in Frankfurt und Wien

Lehraufträge an den Universitäten Salzburg und Wien

BO-Trainings in Wr. Neustadt und Ternitz (BFI NÖ)

Training und Supervision des Männertutoriumsprojekts

Training des Männerbund-Seminars des KSV

 

 


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